Ich freue mich, heute einen ganz besonderen Gast im Podcast begrüßen zu dürfen. Dirk Freitag ist Seriengründer, Investor und seit 2021 Präsident des Bundesverbands der Digitalen Wirtschaft (BVDW). Seine Karriere begann bei AdTech, einem Ad-Server-Unternehmen, das er mit aufbaute und schließlich für 100 Millionen Dollar an AOL verkaufte. Die Jahre in New York als Senior Vice President bei AOL prägten ihn stark – besonders der kulturelle Unterschied zwischen deutscher und amerikanischer Geschäftskultur. Dort lernte er, wie wichtig es ist, Märkte und Kunden in ihrem kulturellen Kontext zu verstehen.
Contentpass: Werbe- und Trackingfreiheit im Netz
Mit Contentpass hat Dirk ein neues Unternehmen aufgebaut, bei dem Nutzer:innen für 3,99 Euro im Monat ein werbefreies und trackingfreies Internet erhalten. Schon heute umfasst das Netzwerk rund 600 Websites – von großen Namen wie Chip, Tagesspiegel und Transfermarkt.de bis hin zu kleineren Special-Interest-Portalen. Für die Publisher bedeutet Contentpass im Schnitt fünf Prozent zusätzliche Erlöse. Damit wird ein Modell etabliert, das sowohl Nutzerfreundlichkeit als auch Verlagsinteressen berücksichtigt.
Datenschutz als Chance statt Hemmschuh
Datenschutz ist für Dirk kein reiner Bremsklotz, sondern kann ein Wettbewerbsvorteil sein – wenn man ihn richtig versteht. Das Problem liegt weniger in der Regulierung als in der gesellschaftlichen Wahrnehmung. Während Daten im Alltag – etwa bei Google Maps – als hilfreich und selbstverständlich empfunden werden, herrscht gleichzeitig ein diffuses Misstrauen gegenüber Datennutzung. Dirk fordert daher einen Perspektivwechsel: weg vom reinen „Datenschutz“ hin zu einer positiven Erzählung über „Datennutzung“.
Bürokratieabbau bleibt ein zentraler Hebel
Deutschland verliert im internationalen Vergleich Zeit und Wettbewerbsfähigkeit durch überbordende Bürokratie. Dirk nennt konkrete Beispiele: Unternehmen müssen Vorfälle teils bei 16 verschiedenen Datenschutzbehörden melden. Zudem denkt Politik oft zu langsam und in veralteten Prozessen – etwa beim Personalausweis, wo Behörden die vorhandenen Daten nicht proaktiv nutzen. Für Dirk ist klar: Nur wenn Verwaltung vom Bürger aus denkt und digitale Prozesse konsequent umsetzt, kann Deutschland wieder aufholen.
Wettbewerbsfähigkeit: Europa muss schneller skalieren
Ein wesentlicher Grund, warum US-amerikanische Unternehmen erfolgreicher sind, liegt im großen, homogenen Heimatmarkt. Deutsche Startups hingegen planen oft klein, beispielsweise mit einem Büro in Düsseldorf statt mit einer Expansion in die USA. Dirk sieht die EU als Chance für einen einheitlichen Rechtsraum, der Unternehmen bessere Skalierungsmöglichkeiten bietet – sofern sie Sprachbarrieren und kulturelle Unterschiede überwinden.
Die Rolle von KI: Treiber der nächsten Transformation
Künstliche Intelligenz wird nach Dirks Einschätzung nicht verschwinden, sondern sämtliche Branchen durchdringen. Sie übernimmt Prozesse, die Menschen bisher viel Zeit kosteten, und eröffnet neue Möglichkeiten: von automatisierten E-Mail-Entwürfen bis zur personalisierten Kundenansprache. Besonders in der Medizin sieht er große Chancen durch die Analyse riesiger Datenmengen. Gleichzeitig verändert KI Geschäftsmodelle, etwa in Agenturen, wo Produktionskosten sinken und Kreativität neue Formen annimmt.
Mindset: Führung muss Digitalisierung vorleben
Die größte Herausforderung für Unternehmen liegt nicht in der Technologie, sondern im Umdenken. Digitalisierung muss von der Unternehmensführung gewollt und aktiv gefördert werden – gleichzeitig braucht es Freiräume, damit Mitarbeitende experimentieren und Ideen einbringen können. Wer am alten Hierarchiedenken festhält oder digitale Veränderungen blockiert, riskiert den Anschluss zu verlieren. Erfolgreiche Unternehmen konzentrieren sich auf ihre Kernkompetenzen und nutzen externe Partner oder digitale Lösungen für alles, was nicht dazu gehört.
Zukunft des BVDW: Daten, Kreativität, Vertrauen
Unter Dirks Präsidentschaft positioniert sich der BVDW klar mit den drei Säulen Daten, Kreativität und Verantwortung. Der Verband möchte nicht nur Brancheninteressen bündeln, sondern aktiv politische Impulse setzen – etwa durch die Forderung nach einer zentralen Datenschutzaufsicht oder die Idee einer „Bundesdatennutzungsbeauftragten“. Ein zentrales Ziel ist es, die positive Nutzung von Daten stärker in der Öffentlichkeit zu verankern, um Akzeptanz für digitale Geschäftsmodelle zu schaffen.
Fazit
Dirk Freitag macht deutlich, dass erfolgreicher Unternehmergeist vor allem auf Anpassungsfähigkeit, Offenheit und einem klaren digitalen Mindset basiert. Mit Contentpass zeigt er, wie sich Datenschutz, Nutzerfreundlichkeit und wirtschaftliche Interessen in Einklang bringen lassen. Die Rolle von KI wird dabei zum zentralen Treiber der nächsten Jahre – nicht als Bedrohung, sondern als Chance für neue Geschäftsmodelle und effizientere Prozesse. Entscheidend ist, dass Unternehmen ihre Kernkompetenzen stärken, offen für Veränderung bleiben und Mitarbeitenden Freiraum geben, Neues auszuprobieren.
Für die digitale Wirtschaft in Deutschland gilt: Nur wenn Politik, Unternehmen und Gesellschaft mutiger, schneller und kundenorientierter handeln, kann der Standort langfristig erfolgreich sein.
Euer Feedback an mich!
Wenn ihr mir eine Frage stellen oder Feedback zum Podcast per Sprachnachricht übermitteln wollt – egal, ob per Smartphone, Tablet oder via Rechner, dann nutzt doch bitte unsere Message-Funktion. Gerne teilt mir auch Themenwünsche mit, die ihr gerne im Podcast mal besprochen haben wollt. Alternativ könnt ihr mir gerne auch eine E-Mail schreiben oder mich per LinkedIn kontaktieren.
Podcast anhören – im Browser direkt, bei Apple, Spotify & Co.
Unser Podcast kann direkt hier im Artikel angehört werden. Zudem sind wir bei iTunes für alle iOS und Apple-Devices kostenlos verfügbar. Auch könnt ihr unseren Podcast bei YouTube, Spotify, oder Amazon Music anhören.

