Die digitale Transformation ist kein Selbstläufer – gerade für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) im produzierenden Gewerbe, in der Logistik oder im Handel. In einer Zeit, in der Effizienz, Datenvernetzung und Nachhaltigkeit zum Wettbewerbsvorteil werden, stehen viele Mittelständler vor der Herausforderung, komplexe Prozesse zu digitalisieren – oft mit begrenzten Ressourcen. In dieser Podcast-Episode spricht Thomas Ottersbach mit Bettina Bartz, Geschäftsführerin des Mittelstand-Digitalzentrums WertNetzwerke, über genau diesen Transformationsprozess.
Im Fokus stehen praxisnahe Einblicke, wie E-Standards – also normierte, digitale Schnittstellen und Prozessstrukturen – die Grundlage für reibungslosen Datenaustausch, transparente Lieferketten und effiziente Wertschöpfungsnetzwerke schaffen. Bartz erläutert, wie Unternehmen durch die Anwendung offener Standards nicht nur gesetzliche Anforderungen wie das Lieferkettengesetz erfüllen, sondern auch interne Abläufe standardisieren und automatisieren können.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI): vom intelligenten Dokumentenmanagement über Qualitätskontrolle in der Produktion bis hin zu Chatbots und Predictive Maintenance. Der Podcast zeigt anhand konkreter Use Cases, wie KI und Digitalisierung zusammenspielen, um datengetriebene Entscheidungen, neue Geschäftsmodelle und nachhaltige Produktionsprozesse zu ermöglichen.
Besonders wertvoll für Unternehmen: Der Zugang zu kostenlosen Qualifizierungsangeboten, Projektsupport und branchenspezifischen Netzwerken, die das Mittelstand-Digitalzentrum koordiniert. Damit wird deutlich: Digitalisierung und KI sind keine exklusiven Instrumente großer Konzerne – sondern strategische Hebel, um den Mittelstand zukunftsfähig und wettbewerbsstark aufzustellen.
Digitalisierung im Mittelstand: Status quo und Herausforderungen
Trotz zahlreicher Initiativen und Förderprogramme bleibt die Digitalisierung in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) oft Stückwerk. Zwar gibt es Vorreiter, die mit agilen Prozessen und technologischem Mut vorangehen, doch vielen Betrieben fehlt es an Know-how, Zeit oder strukturellem Zugang. Besonders in produktionsnahen Bereichen wie Handwerk, Logistik oder Textilwirtschaft sind die technischen Voraussetzungen und die digitale Reife oft sehr unterschiedlich. Faxgeräte gehören teilweise noch zum Standard – ein deutliches Zeichen, wie groß der Handlungsbedarf ist.
Das Mittelstand-Digitalzentrum WertNetzwerke hat sich zur Aufgabe gemacht, genau hier anzusetzen: niedrigschwellig, praxisnah und mit konkreten Use Cases. Unterstützt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und getragen von Partnern wie Fraunhofer FIT, GS1 Germany, dem BME oder dem Wuppertaler CSCP, bietet das Zentrum kostenfreie Qualifizierungen, Webinare, Workshops und Projektbegleitungen – mit einem klaren Ziel: den Mittelstand zukunftssicher zu machen.
E-Standards als Fundament digitaler Zusammenarbeit
Ein zentrales Thema im Podcast ist der Einsatz von E-Standards – digitalen, branchenübergreifend einsetzbaren Formaten und Prozessen, die für mehr Interoperabilität und Effizienz sorgen. Diese Standards bilden das Rückgrat für den elektronischen Austausch von Produktdaten, Rechnungen, Lieferinformationen und vielem mehr. Gerade bei heterogenen Wertschöpfungsketten, in denen Lieferanten, Dienstleister und Abnehmer zusammenarbeiten, ermöglichen standardisierte Datenformate eine „gemeinsame Sprache“.
Das Beispiel der Textilreinigung in Krankenhäusern zeigt die Relevanz: Nur durch standardisierte Prozesse und Datenformate lässt sich sicherstellen, dass etwa personalisierte Kittel korrekt identifiziert, zugeordnet und retourniert werden. Auch im Logistikbereich – etwa beim Austausch elektronischer Lieferscheine – sorgen E-Standards für transparente Prozesse, nachvollziehbare Warenströme und geringere Fehlerquoten.
Künstliche Intelligenz: Vom Buzzword zum Effizienzmotor
Neben klassischen Digitalisierungsansätzen gewinnt der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) massiv an Bedeutung. Im Podcast wird deutlich, dass KMU längst nicht mehr außen vor sind – im Gegenteil: Durch die richtige Kombination aus Standards und KI lassen sich individuelle Prozesse automatisieren, Ressourcen sparen und Qualität sichern.
Ein Beispiel: Ein Hersteller hochwertiger Lacke setzte mithilfe von KI eine Analyse der sogenannten Malperlen ein – ein kostenintensiver Produktionshilfsstoff. Ergebnis: Die Perlen mussten viel seltener ausgetauscht werden als bisher angenommen. Die Folge: reduzierte Kosten, stabilere Produktionsprozesse und höhere Nachhaltigkeit. Weitere Anwendungsfelder sind etwa KI-gestützte Chatbots im Kundenservice, Bilderkennung zur Qualitätskontrolle oder Prognosemodelle zur vorausschauenden Wartung (Predictive Maintenance).
Befähigung statt Überforderung: Qualifizierung und Netzwerke als Schlüssel
Ein durchgängiges Thema im Gespräch mit Bettina Barz ist die notwendige Befähigung der Mitarbeitenden – nicht nur auf technischer, sondern auch auf kultureller Ebene. Die Angebote des Mittelstand-Digitalzentrums setzen gezielt auf Weiterbildung, zum Beispiel durch die „KI-Guide“-Reihe. Hier werden Mitarbeitende befähigt, relevante Anwendungsfälle für KI im eigenen Unternehmen zu erkennen und Projekte strategisch zu begleiten.
Barz betont, dass der Einstieg häufig nicht an der Technologie scheitert, sondern an Unsicherheit, fehlendem Know-how und mangelnder strategischer Priorisierung. Das Ziel sei daher, Unternehmen frühzeitig Orientierung zu bieten, ihnen zu zeigen, wo Potenzial liegt – und wie sie den ersten Schritt gehen können.
Standards und KI als Innovationsduo: Chancen für neue Geschäftsmodelle
Besonders spannend ist die Erkenntnis, dass durch die Kombination aus E-Standards und KI nicht nur bestehende Prozesse optimiert, sondern auch völlig neue Geschäftsmodelle entstehen können. So entwickelte ein Bürstenhersteller auf Basis seiner Produktionsabfälle (Holzspäne) ein nachhaltiges Nebenprodukt für Grillräucherwerk – angestoßen durch einen Workshop zur Kreislaufwirtschaft. Die strukturierte Datenerfassung und digitale Standardisierung halfen, diese neuen Prozesse effizient aufzusetzen und skalierbar zu machen.
KI bietet also nicht nur Automatisierung, sondern auch kreative Impulse – wenn sie strategisch eingebettet und datenbasiert gedacht wird.
Fazit: Digitalisierung ist kein Nice-to-have – sondern Überlebensstrategie
Der Podcast verdeutlicht eindrücklich: Digitalisierung und KI sind keine Zukunftsthemen mehr, sondern unternehmerische Pflichtaufgaben. Wer als KMU nicht heute handelt, riskiert, morgen abgehängt zu werden – sei es durch regulatorischen Druck, steigende Kosten oder veränderte Kundenerwartungen. Die gute Nachricht: Es gibt fundierte, praxisnahe Unterstützung. E-Standards bieten das Fundament für digitale Zusammenarbeit, KI erweitert den Handlungsspielraum. Entscheidend ist, dass Unternehmen den Mut haben, erste Schritte zu gehen – strategisch, vernetzt und mit der Bereitschaft, Prozesse neu zu denken.
Fragen aus dem Podcast (Auswahl)
- Wie ist das Mittelstand-Digitalzentrum entstanden? Wer steckt dahinter?
- Wie viele Unternehmen haben bisher auf eure Angebote zugegriffen?
- Wie siehst du den aktuellen Status der Digitalisierung im Mittelstand?
- Wie schaffen es Unternehmen, die digitale Transformation strategisch anzugehen?
- Warum sind E-Standards ein guter Einstieg in die Digitalisierung?
- Welche Möglichkeiten gibt es, Standards im eigenen Unternehmen zu nutzen?
- Wie finde ich als Unternehmen heraus, welche Standards für mich relevant sind?
- Müssen Unternehmen mehr Mut zur Veränderung aufbringen?
- Wie lässt sich das Thema Künstliche Intelligenz für KMU sinnvoll angehen?
- Hast du Beispiele, die durch E-Standards zu einer wirklichen Effizienzsteigerung geführt haben?
- Wie kann KI mir helfen, neue interne Standards zu schaffen, die ich sonst gar nicht umsetzen könnte?

