Im Gespräch mit Christian Knott, Managing Partner bei Capnamic, wird schnell klar: Frühphasen-Investitionen sind ein Spiel mit hoher Präzision, Weitsicht und Geduld. Capnamic investiert in junge Technologieunternehmen – bevorzugt in Gründerteams mit komplementären Fähigkeiten –, die das Potenzial haben, zu Marktführern zu werden. Der Fokus liegt dabei auf Firmen in den ersten beiden Jahren ihrer Gründung mit bis zu 50 Mitarbeitenden. Das Ziel: den Wert dieser Unternehmen über sieben bis zehn Jahre hinweg massiv zu steigern.
Veränderte Marktdynamiken nach Corona
Christian beschreibt eindrucksvoll die drastischen Veränderungen im Venture-Capital-Markt seit der Corona-Pandemie. Während der Pandemiezeit waren Bewertungen oft überhitzt – Unternehmen wurden mit Vielfachen ihrer Umsätze bewertet. Die anschließende Marktbereinigung war aus seiner Sicht notwendig. In der Folge wurde es schwieriger, Deals zu machen, da die Vorstellungen von Investoren und Gründern zu weit auseinanderlagen. Mittlerweile hat sich der Markt stabilisiert: Es gibt wieder vernünftigere Bewertungen, aber auch ein stärkeres Augenmerk auf Kapitaleffizienz und nachhaltiges Wachstum.
Branchenschwerpunkte und Investmenttrends
Capnemic richtet seine Investments zunehmend auf drei zentrale Bereiche aus: Robotics und Logistik, Automatisierungslösungen (oft KI-getrieben, aber immer problemorientiert) sowie Technologien, die den Umgang mit Ressourcenknappheit und Klimawandel wirtschaftlich adressieren. Christian betont, dass Nachhaltigkeit für Capnamic nur dann interessant ist, wenn sie einen klaren wirtschaftlichen Mehrwert bietet – Idealismus allein reicht nicht.
Mindset und Anforderungen an Gründerteams
In den vergangenen Jahren habe sich weniger das Skillset, aber stark das Mindset von Gründern verändern müssen. Während früher reines Wachstum um jeden Preis gefördert wurde, zählt heute stärker eine gesunde, kapitaleffiziente Unternehmensentwicklung. Christian spricht sich für mehr unternehmerische Bauernschläue aus: Gründer sollten pragmatisch agieren und Einnahmemöglichkeiten nutzen, anstatt starr an Idealmodellen festzuhalten.
Fachkräftemangel und Arbeitsmarkt im Startup-Umfeld
Trotz allgemeiner Wirtschaftsflaute sieht Christian keinen echten Wechsel zu einem Arbeitgebermarkt im Startup-Sektor. Technologisch versierte Talente bleiben Mangelware und sehr umkämpft. Auch Remote-Arbeit und Nearshoring können diese Knappheit nur begrenzt ausgleichen. Für Startups bleiben Unternehmergeist und Eigenverantwortung entscheidende Kriterien bei der Mitarbeitersuche.
Künstliche Intelligenz und Deutschlands Rolle
Christian sieht KI als entscheidende Zukunftstechnologie, weist jedoch darauf hin, dass Infrastrukturprojekte wie große Foundation Models wohl weiterhin in den USA und teilweise in Frankreich (z.B. Mistral AI) entstehen werden. Deutschland habe aber nach wie vor großes Potenzial, spezialisierte und wirtschaftlich starke KI-Anwendungen zu entwickeln. Er plädiert dafür, die nationale Selbstwahrnehmung positiver zu gestalten und sich auf eigene Stärken zu besinnen.
Ausblick auf 2025
Abschließend gibt Christian einen vorsichtigen Ausblick: Die weltwirtschaftlichen Unsicherheiten – etwa durch politische Entwicklungen in den USA oder Deutschland – könnten Startups durchaus beeinflussen. Dennoch bleibt er optimistisch: Gute Unternehmen mit nachhaltigen Geschäftsmodellen werden weiterhin Kapital finden und sich behaupten können, unabhängig von kurzfristigen Marktschwankungen.
6 Learnings aus dem Podcast ziehen wollte, dann wären es wohl diese:
Wachstum ≠ Erfolg
Früher zählte vor allem schnelles Wachstum. Heute achten Investoren stärker auf Nachhaltigkeit und Substanz.
Kapitaleffizienz ist Pflicht
Startups müssen zeigen, dass sie mit wenig Kapital viel erreichen – „Burnrate“ war gestern.
Profitabilität zählt früher
Geschäftsmodelle müssen möglichst früh zeigen, dass sie sich selbst tragen können.
Weniger Trial & Error, mehr Strategie
Statt einfach loszulegen, ist planbares, lernorientiertes Wachstum gefragt – mit klarer Vertriebslogik.
Mindset-Wandel bei Gründern
Unternehmerischer Pragmatismus („Bauernschläue“) ersetzt das blinde Festhalten an idealisierten Business-Modellen. Flexibilität, Weitsicht und Mut sind weiterhin wichtig.
Makrotrends aktiv beobachten:
Politische Entscheidungen und globale Entwicklungen haben direkten Einfluss auf Geschäftsmodelle – Unternehmer müssen strategisch mitdenken, nicht nur operativ handeln. Leider mehr denn je in der heutigen Zeit.
Was ist ansonsten wichtig?
Space X wurde anfangs auch belächelt und hat mittlerweile gezeigt, dass die Kritiker von gestern längst verstummt sind. Leider hat man heutzutage nicht immer die Zeit, um zu zeigen, dass eine Vision, Realität werden kann.
Dennoch lohnt es sich zu kämpfen und es den Kritikern zu zeigen, dass der Glaube an die unternehmerische Vision richtig ist und war. Wir hatten damals bei Gründung von PageRangers GmbH entsprechende Stimmen, die meinten, dass es bereits einige Tool-Anbieter gebe und wir uns nicht durchsetzen werden. 9 Jahre später sieht das zum Glück anders aus.
Fragen aus dem Podcast mit Christian Knott
- Was macht Capnemic genau?“
- Wie groß ist euer aktueller Fonds?“
- Wie hat sich der Bereich Venture Capital entwickelt, gerade auch post-Corona, und wie schwer ist es für euch heute?
- Was sind denn für euch jetzt Schwerpunktbranchen und haben die sich in den letzten Jahren verändert?
- Hat sich euer Blick konkret verändert, was Geschäftsmodelle und Strategien angeht?
- Was hast du eigentlich gedacht, als der Deal Zalando und About You bekannt wurde?
- War es ein Problem für euch, das Geld auszugeben, angesichts der veränderten Bewertungen?
- Wie siehst du die Stimmung heute auf dem Markt?“
- Wie blickt ihr auf die Gründerskills zurück? Hat sich da etwas verändert? Sind andere Skills heute gefragt?
- Glaubst du, dass wir wieder in einen Arbeitgebermarkt hereinschlittern könnten?
- Was sind eure Herangehensweisen, um neue Trends und Themen zu entdecken?“
- Wie siehst du die Entwicklung beim Thema Künstliche Intelligenz und die Chancen für Unternehmen in Deutschland?
- Woran scheitert es deiner Meinung nach, dass Deutschland im KI-Bereich nicht führend ist?
- Wie blickst du auf das Jahr 2025: Stehen wir vor einem wirtschaftlichen Kollaps oder gibt es Licht am Ende des Tunnels?„
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