Corona hat die meisten Unternehmen von heute auf morgen vor völlig neue Herausforderungen gestellt. Viele Unternehmen waren einfach nicht so digital aufgestellt und konnten im Home Office bei weitem nicht so produktiv arbeiten, wie im Office selbst. Es fehlte an Hardware, an Software, an digitalen Prozessen und an dem richtigen Mindset.
Was für die meisten Startups bereits Alltag ist, mussten die meisten KMUs noch lernen. Mittlerweile befinden wir uns im 2. Lockdown und einige Unternehmen werden sicherlich die richtigen Schlüsse und Maßnahmen gezogen haben. Aus vielen Gesprächen und eigenen Erfahrungen weiß ich aber auch, dass viele Unternehmen noch nichts gelernt haben und in alte Denkmuster zurückgefallen sind.
Mehr Produktivität und ein besseres Wohlbefinden im Home Office – ist das immer so?
Ja, es gibt sie sicherlich. Die Menschen, die produktiver im Home Office arbeiten und die sich insgesamt auch sehr wohl fühlen. Ich selbst habe jahrelang im Home Office gearbeitet und weiß wovon ich spreche. Ich habe damals für ein Unternehmen als Geschäftsführer gearbeitet und die Mitarbeiter waren an verschiedenen Standorten und im Home Office.
Die Herausforderung ist letztlich, Zuhause genauso produktiv zu arbeiten wie im Büro. Der berühmte Flurfunk, das gemeinsame Mittagessen und spontane Meetings fehlen im Home Office einfach. Werte zu vermitteln, das Wir-Gefühl stärken. Alles Dinge, die im Home Office nur schwierig umzusetzen und vorzuleben sind.
Der abrupte Schritt ins Home Office hat aber nicht nur Arbeitnehmer vor eine völlig neue Herausforderung gestellt. Auch wir Unternehmer oder Führungskräfte mussten uns umstellen. Führung auf Distanz ist ebenfalls für viele Unternehmen völlig neu und eine besondere Herausforderung gewesen. Online Meetings spontan umsetzen, funktioniert teilweise. Hybride Meetings, wo ein Teil der Mitarbeiter im Office ist, ein anderer Teil im Home Office, ist sicherlich irgendwie auch umsetzbar, wenngleich nicht optimal.
Leidet die Produktivität im Home-Office?
Viele Unternehmen, mit denen ich gesprochen haben, sahen nach der ersten Phase des Corona Lockdowns, keinen Produktivitätsverlust. Auch bei der Datev war das so, wie wir im Podcast mit Christian Buggisch vor ein paar Monaten erfahren haben. Die Meinungen sind mittlerweile recht unterschiedlich ausgeprägt. Einige Unternehmen schwören auf Home Office und bieten es ihren Mitarbeitern auch künftig weiterhin an. Andere wiederum sehen es mehr und mehr mit Skepsis, wenn Mitarbeiter täglich im Home Office arbeiten. Die Wahrheit wird in dem Fall irgendwo dazwischen liegen.
Was sind Vorteile vom Home Office?
Schauen wir uns die Vorteile vom Home Office mal aus meiner Perspektive etwas genauer an.
- Arbeitsweg fällt weg. Der wegfallende Arbeitsweg spart außerdem Kosten, ob für die Bahn oder mit dem Auto
- Größere Flexibilität, gerade in Coronazeiten extrem hilfreich, insbesondere je nach familiärer Situation
- Auf der einen Seite kann die Ablenkung durch Kollegen im Home Office geringer ausfallen. Auf der anderen Seite kann die Familie, insbesondere Kinder, diesen Faktor aber auch gerne schon mal übernehmen. Also, Vor- und Nachteil.
- Je nach Büro ist aber die Arbeitsatmosphäre ruhiger
- Die Work-Life Balance kann durch Flexibilität und Möglichkeit, Home Office zu machen, besser ausgelebt werden.
- Mittel- und langfristig können Büros kleiner ausfallen und Kosten eingespart werden
- Fachkräfte können von überall aus der Welt rekrutiert werden
Was sind Nachteile vom Home Office?
- Abgrenzung Privat- und Arbeitsleben fällt schwer
- Der eingeschränkte Kontakt zu Kollegen bedeutet auch insgesamt einen erschwerten Informationsfluss. Während man im Büro viele Dinge durch Flurfunk, Gespräche oder Meetings erfährt, muss man sich im Home-Office auf die Weitergabe der wichtigen Informationen verlassen oder aktiv diese einfordern
- Das Wir-Gefühl ist wesentlich schwerer zu vermitteln und zu leben
- Im Home Office können Kollegen sich einsam fühlen und so nicht die volle Energie und Produktivität mitbringen.
- Im Office hat man meist seinen Vorgesetzten, der einen motiviert. Im Home Office ist mehr Eigenverantwortung gefragt. Man muss sich selbst motivieren, ein noch besseres Zeitmanagement umsetzen (was auch ein Vorteil sein kann) und diszipliniert über den Tag verteilt arbeiten.
- Die Karriereentwicklung ist häufig schwerer, da Beurteilungen von Vorgesetzten schwerer zu leisten sind.
Was sind nun die Herausforderungen im Home Office
Die größte Herausforderung ist sicherlich, genauso produktiv im Home Office zu arbeiten, wie im Office. Das gelingt einigen Menschen besser als anderen und daher ist es aus meiner Sicht immer eine Frage des Personals. In Coronazeiten gibt es hier und da keine Alternative, mittel- und langfristig finde ich Remote Work aber nicht optimal. Hier mag es die ein oder andere Ausnahme geben, aber generell denke ich – ist Home Office keine Dauerlösung.
Home Office richtig umsetzen – so geht’s!
Im folgenden habe ich einige Tipps mitgebracht, die für die Arbeit in den eigene vier Wänden extrem hilfreich sind.
Tipp 1 – der richtige Schreibtisch
Für ein temporäres Arbeiten im Home Office reicht sicherlich auch mal der Küchentisch oder ein einfacher Schreibtisch. Sollte das Arbeiten in Heimarbeit aber längerfristig andauern, sollte man sich seinen Arbeitsplatz perfekt einrichten. Es gilt also die richtige Optik zum Wohlfühlen mit praktischen Eigenschaften zu kombinieren. Ein höhenverstellbarer Tisch kostet heutzutage nicht mehr die Welt und ermöglichst ein flexibles Arbeiten.
Der Arbeitsplatz sollte mindestens so groß sein, dass auf den Schreibtisch zwei Monitore Platz finden. Das Arbeiten mit zwei Bildschirmen ist extrem sinnvoll und produktivitätsfördernd. Der Trend geht mittlerweile sogar zum dritten Monitor.
Zudem ist es wichtig, dass auch weiterer Ablageplatz im eigenen Office zu Hause vorhanden ist.
Tipp 2 – der richtige Bürostuhl
Häufig unterschätzt wird der richtige Bürostuhl. Mehrere Stunden auf einem Eßzimmerstuhl zu verbringen, ist auf Dauer nicht ratsam. Der Bürostuhl sollte ergonomisch geformt sein. Ich selbst habe ein ergonomisch geformten Stuhl (Link zu meinem Bürostuhl), der nicht nur entsprechend zertifiziert ist, sondern auch einfach bequem ist.
Um das Becken und den Lendenwirbelbereich ab und zu mobilisieren, eigenen sich auch Gymnastikbälle oder Fitness-Hocker. Bei uns im Büro kommen die Gymnastikbälle extrem gut an. Wir haben zunächst zwei im Einsatz und da sich teilweise um den Ball gestritten wurde und Mitarbeiter hier und da am Arbeitsplatz auf den Bällen sitzen, haben wir weitere Bälle vor kurzem gekauft. Die Gymnastikbälle kosten echt nicht viel und haben eine große Wirkung.
Tipp 3 – die richtige Beleuchtung
Wie ich finde, eine ebenfalls sehr wichtige Sache, ist die richtige Beleuchtung am Arbeitsplatz. Ausreichend Licht schont die Augen und beugt Müdigkeit vor. Auch wenn eine Deckenleuchte vorhanden ist, sollte eine Schreibtischlampe zusätzlich vorhanden sein, sodass beispielsweise auch Licht nicht von anderen Gegenständen reflektiert werden kann. Auch Tageslichtlampen können hilfreich sein, da sie, wie der Name vermuten lässt, Tageslicht simulieren, was sich entsprechend gut auf das Wohlbefinden auswirken kann.
Tipp 4 – die richtige Hardware
Gerade in der Coronakrise sind viele Unternehmen überrascht worden. Es waren zum Teil nicht ausreichend Laptops oder andere elektronische Geräte vorhanden. Die richtige Hardware, um auch wirklich produktiv arbeiten zu können, ist extrem wichtig. Nicht nur die mindestens zwei Bildschirme. Auch einen ausreichend schnellen Laptop, eine gute Webcam für Online Meetings, Tastatur, Maus, Tablet oder entsprechende Telefonlösungen, wie beispielsweise Softphones, sind extrem wichtig und sollten entsprechend berücksichtigt werden. Um auch mal bei größerem Lärm in Ruhe zu Hause arbeiten zu können, empfiehlt es sich, einen Kopfhöhrer mit noise-cancelling zu nutzen. Auch diese kosten nicht mehr die Welt heutzutage und bringen extrem viel Ruhe in die Arbeit. Ich persönlich arbeite zudem sehr viel mit dem iPad Pro in Kombination mit dem Apple Pencil der 2. Generation. Gerade bei schnellen oder spontanen Meetings eine, wie ich finde, unschlagbare Kombination.
Tipp 5 – die richtige Software
Mindestens genauso wichtig, wie die Hardware, ist die richtige Software. Je nach Unternehmensgröße und -breite gilt es die unterschiedlichsten Software-Lösungen zu nutzen. Beispielsweise für das Projekt- oder Aufgabenmanagement Trello, meistertask, awork, Things 3, etc. Aber auch die Wahl des richtigen Cloud-Systems ist wichtig, damit das dezentrale Arbeiten funktionieren kann. Auf unserem Youtube Kanal gibt es beispielsweise eine Menge Tool-Tipps. Schaut gerne mal vorbei. Auch im Podcast und hier im Portal habe ich immer wieder interessante Tools vorgestellt.
Tipp 6 – eine schnelle und stabile Internetverbindung
Eigentlich sollte man zu dem Thema im Jahr 2020 nichts mehr sagen müssen. Die Bandbreite ist dennoch ein Problem. Insbesondere in ländlichen Regionen ist eine 50 MBit Verbindung längst noch kein Standard. Wer keine ausreichend schnelle Internetverbindung hat, kann nicht produktiv arbeiten. In dem Zusammenhang ist ein sauber eingerichtetes Wlan Netz extrem wichtig und wenn die Möglichkeit besteht, sollte man, für den Fall der Fälle, auch auf eine Lan-Verbindung zurückgreifen können.
Tipp 7 – Ordnung und Struktur im Home Office
Ordnung auf dem eigenen Schreibtisch ist wichtig. Insbesondere dann, wenn abends vielleicht Kinder in der Nähe des Arbeitsplatzes spielen und ihre Spielsachen dort „zwischenparken“. Wer, wie ich das papierlose Büro lebt, hat viele Vorteile. Alle wichtigen Informationen, Notizen und Dokumente liegen in der Cloud. Ich habe viele Podcasts zu dem Thema aufgenommen. Ich persönlich habe beispielsweise jahrelang mit Goodnotes gearbeitet und meine Notizen handschriftlich direkt auf dem iPad umgesetzt. Seit einiger Zeit bin ich nun mit Notion unterwegs und konnte verschiedene Tools in dieser All-In-One Lösung vereinen.
Tipp 8 – Essen, trinken und sich wohlfühlen
Zum eigenen Wohlbefinden gehört auch viel zu trinken und das richtige zu essen. Im Office sorgt bei vielen der Arbeitgeber für das Essen und Getränke. Im Home Office solltest du auch ausreichend Getränke haben und leckeres Essen zu dir nehmen. Zwar fehlt der gemeinsame Gang in die Kantine mit Kollegen, dennoch ist es wichtig, sich ausgewogen und gesund zu ernähren. Eine schöne Atmosphäre am Heimarbeitsplatz sollte geschaffen werden. Pflanzen machen das Büro nicht nur gemütlicher, sondern helfen zum Teil auch die Luft zu reinigen. Zudem hilft regelmäßiges Lüften.
Tipp 9 – Privat- und Arbeitsleben strikt trennen
Hier und da ist der Übergang, das private- und berufliche Leben zu trennen, extrem schwierig. Wer aber langfristig im Home Office arbeitet, sollte sich Grenzen setzen und versuchen, das Privatleben vom Arbeitsleben zu trennen. Abschalten ist wichtig und man muss auch im Home Office nicht permanent verfügbar und online sein. Arbeitet vielleicht mit Routinen, setzt euch gewissen Slots für Pausen und arbeitet an mehreren Teilstücken konzentriert durch. Routinen können helfen.
Tipp 10 – Socialising geht bedingt auch online
Wenngleich auch ein virtuelles Treffen mit Kollegen, ein physisches Treffen nicht ersetzen kann, hilft es, sich mit Kollegen regelmäßig auszutauschen und zu verabreden. Zu klären, was es Neues gibt, persönliches auszutauschen oder einfach nur gemeinsam eine Tasse Kaffe oder Tee virtuell miteinander zu trinken, kann helfen. Ich persönlich bin zwar kein Freund von virtuellen Lunches & Co – aber es soll Menschen geben, die das gut finden und umsetzen.
Fazit
Home Office ist in der aktuellen Coronazeit für viele Menschen alternativlos. Man muss sich damit arrangieren. In einigen Fällen klappt es hier und da sogar besser, was die Produktivität angeht. Insgesamt sollte man das Thema Home Office aber ernst nehmen und sich mit den Dingen beschäftigen. Wer sich wohler fühlt, wird produktiver arbeiten können. In diesem Sinne – teilt mir eure Erfahrung aus dem Home Office mit. Was sind eure Erfahrungen und eure Tipps?
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